147 Milliarden US$ sollen im Jahr 2021 weltweit für Programmatic Advertising ausgegeben werden – mehr als ein Drittel der gesamten digitalen Werbeausgaben. Angesichts der rasant steigenden Nutzung programmatischer Buchungen lohnt es sich, zumindest einen kurzen Blick auf die Funktionsweise zu werfen.
Anders als bei klassischen Werbeformaten erfolgt die Buchung von Werbeflächen beim Programmatic Advertising nicht über den direkten Kontakt zwischen Werbetreibenden und Anbieter:innen von Werbeflächen (Publishern), sondern automatisiert über einen Marktplatz, sogenannte Ad Exchanges. Diese Börsen greifen auf verschiedene Angebots-Netzwerke von Werbeflächen (sog. SSPs) zu und matchen diese mit den Nachfragenden von Werbeflächen, z.B. großen E-Commerce Unternehmen. Die Unternehmen greifen über Nachfrage-Plattformen (sog. DSPs) auf die Ad Exchanges zu und bieten in Echtzeit gegeneinander um die für sie interessanten Werbeflächen (RTB). Wenn ein:e Gewinner:in feststeht, wird dessen/deren Werbung im erkauften Slot auf der Website des Publisher angezeigt und von den Nutzenden gesehen.
Die Auswahl der für die Unternehmen passenden Werbeslots erfolgt dabei ebenfalls automatisch. Im Interface der genutzten Plattform des jeweiligen DSPs lassen sich Zielgruppen erstellen und durch 3rd Party Data ergänzen. Wenn Nutzer:innen eine der im Werbe-Netzwerk enthaltenen Websites besuchen, wird deren Buyer Profile mit den voreingestellten Zielgruppen-Merkmalen abgeglichen, um so zu ermitteln, ob es sich um potentielle Käufer:innen oder Interessent:innen für die beworbene Leistung handelt. Ist dies der Fall, beginnt der oben beschriebene Auktionsprozess. All diese Schritte laufen dabei innerhalb von Millisekunden ab, sodass die Werbung bereitsteht, sobald die Website fertig geladen ist. Insgesamt ergibt sich daraus folgendes System verschiedener Akteur:innen:
Um trotz aller Automatisierung dennoch ein gewisses Maß an Kontrolle über die Umgebung der Werbeflächen zu behalten, lassen sich White- und Blacklists erstellen, welche die Brand Safety, also eine geeignete kontextuelle Umgebung für das Unternehmen, gewährleisten. Darüber hinaus schützen technische Mechanismen davor, durch Viewbots Ad Fraud zu erleiden und stellen sicher, dass jeder View oder Klick von einer “echten” Person getätigt wird. Um den Prozess noch einmal deutlicher darzustellen, folgt nun ein Beispiel mit fiktiven Unternehmen:
Der Sportartikelhersteller Mapu möchte Online-Werbung für neue Laufschuhe schalten. Zu diesem Zweck erstellt Mapu eine Zielgruppe mit passenden demographischen Merkmalen und Interessen (z.B. 16-50 Jahre, Outdoor- und Sportinteressiert). Außerdem greift Mapu auf die Gesamtheit der bisherigen Käufer:innen zurück und kombiniert diesen Datensatz mit den Zielgruppenmerkmalen der neuen Kampagne. So weiß Mapu, welche neuen Personen potentielle Kund:innen werden und welche Bestandskund:innen eventuell Interesse haben könnten. Diese Daten speist Mapu im nächsten Schritt, zusammen mit den andere Parametern der Kampagne wie Dauer, Budget oder Zielsetzung, in die von Mapu präferierte DSP-Plattform ein.
Auf der Gegenseite steht der beliebte Laufblog www.runningrudi.de, der jeden Tag von sehr vielen Läufer:innen und Interessierten besucht wird. Rudi möchte diese Vielzahl an Besucher:innen nutzen, um damit Geld zu verdienen und meldet sich deshalb mit seinen freien Werbeflächen wie Bannern, Skyscrapern oder Native Rectangles bei einem SSP an, um diese Ad Slots dort zum Verkauf anzubieten. Sobald Nutzer:in “1234” die Seite betritt, sendet die Website deren Informationen (anonymisiert) an den SSP, welcher diese, kombiniert mit dem Preis der Werbefläche, an die Ad Exchange weiterleitet.
An der Ad Exchange meldet sich nun der DSP von Mapu, weil das Kund:innenprofil von “1234” zur definierten Zielgruppe passt und Mapus Werbung angezeigt werden soll. Jetzt beginnt der Preiswettbewerb zwischen Mapu und weiteren Bietern (Iken, Boorek, Asadid), wobei der/die höchste Bieter:in den Werbeplatz zum Preis des zweithöchsten Gebots + 1 cent erwirbt. Ist dieser Prozess abgeschlossen, werden alle relevanten Daten und Werbemittel über die Ad Exchange und den SSP an die Website des Publishers (www.runningrudi.de) gesendet und die Werbung wird ausgestrahlt.
Auf diesem Wege erfolgt ein transparentes und faires Bietverfahren, an dem alle Beteiligten je nach eingestellten Parametern teilnehmen und mitbieten können und an dessen Ende eine perfekt passende Werbeausstrahlung an eine:n potentielle:n User:in steht, ohne dass ein Mensch ab dem Zeitpunkt der Kampagnenerstellung eingreifen müsste.