Was uns bewegt
Kaum etwas spaltet Familienfeiern und nächtliche WG-Gespräche so sehr wie die Tofu-Bratlinge auf der Grillparty am Vorabend. Braucht es das? Schmeckt das? Wann wird dieser Trend vorbeigehen?
Wir finden: gar nicht. Denn vegane Ernährung ist kein Trend. Schlaghosen sind ein Trend, vielleicht auch Zucchini-Nudeln oder der Man Bun. Und auch wenn vegane Produkte und der ganze Lifestyle rund um Acai-Bowls, Avocado-Toast und Bananenbrot durchaus trendy sein können, steckt doch etwas mehr hinter der Sache.
Doch bevor wir uns den Vorteilen von veganer Ernährung zuwenden, widmen wir uns der Gegenseite. Denn Veganismus hat viele Kritiker:innen, allerdings sind die Argumente meist eher von unsachlicher Art.
#1 Gefühle oder nicht?
Das wohl häufigste Totschlag-Argument von Fleischesser:innen nachdem man den ethischen Aspekt von Ernährung anspricht, ist wohl “Pflanzen haben auch Gefühle…”. Vorerst: Ja, Pflanzen haben auch Gefühle. Aber nein, sie sind nicht mit den Empfindungen von Tieren gleichzusetzen. Denn es fehlt ihnen ein zentrales Nervensystem und Gehirn, welche für Schmerzempfindung verantwortlich sind.
Abgesehen davon ergibt die Argumentation auf logischer Ebene keinen Sinn. Denn eine omnivore Ernährung verbraucht durchaus mehr pflanzliche Ressourcen als eine vegane Ernährung: Für ein Kilogramm tierisches Protein werden sechs Kilogramm pflanzliches Protein benötigt (Aiking, 2011). Wer sich also Pflanzenliebhaber:in sein will, sollte Gemüse, Getreide und Co. besser direkt essen und nicht zuvor an Tiere verfüttern: So “sterben” am wenigsten pflanzliche Lebewesen.
#2 An was es uns mangelt
“Aber wenn du nur Pflanzen isst, woher bekommst du dann dein Eiweiß?” Auf gesundheitlicher Ebene bekommt man zudem oft zu hören, dass man als Veganer:in schnell unter einem Nährstoffmangel leiden kann.
Hier muss allerdings zwischen zwei Arten von Nährstoffen unterschieden werden: Was Mikronährstoffen angeht, ist es tatsächlich etwas kompliziert. Denn auch wenn pflanzliche Ernährung häufig weniger Cholesterin und mehr Vitamine beinhaltet, gibt es doch zahlreiche Nährstoffe auf die geachtet werden muss. Neben Eisen, Omega3, Zink und Jod sollte vor allem auf Vitamin B12 ergänzend eingenommen werden. Denn das sogenannte Leistungs- Vitamin ist essenziell für unseren Organismus.
Makronährstoffe wie Eiweiß und gesunde Fette lassen sich aber auch mit fleischloser Ernährung ausreichend abdecken: durch Hülsenfrüchte, Getreide, Nüsse, grünes Gemüse und Soja. Bewusst sollte man sich als Veganer:in also auf jeden Fall ernähren.
#3 Versteckte Klimasünde?
Stichwort Soja: Ist das jetzt gut oder schlecht? War da nicht was mit dem Regenwald? Nein, denn der Großteil der Soja-Produkte (Milch, Tofu, Tempeh, etc.) stammt aus ökologischem und/oder europäischem Anbau. Meist ist es das Tierfutter, was Soja aus Übersee enthält, und das auch nicht zu knapp.
Was das Ganze bedeutet? Egal ob gesundheitlich, ethisch oder ökologisch: Witze über Veganismus sind nicht nur unangebracht, sie haben auch keine Grundlage. Ganz im Gegenteil. Eine vegane Ernährung kann sehr viele Vorteile haben, denn sie ist zum Beispiel klimafreundlicher als ein omnivorer Lebensstil. Vor allem Treibhausgase werden durch einen Verzicht von tierischen Lebensmitteln gespart, besonders wenn es um Rindfleisch- und Milchproduktion geht: “Man schätzt, dass 5 bis 7·10⁹ Tonnen an Treibhausgasen pro Jahr alleine durch die Fleischproduktion entstehen, dies sind 15 bis 24 % der gesamten Emission an Treibhausgasen. Betrachtet man verschiedene Lebensmittel, so weist Frischfleisch mit 17 kg CO2 pro kg Fleisch die größte Abgabe von Treibhausgasen auf. Auch bei Käse sind diese Werte sehr hoch und liegen bei 15 kg” (Jöbstl, 2018, S.25-26).
Darüber hinaus werden für ein Kilogramm Fleisch 20 Tonnen Wasser benötigt (Aiking, 2011). Bei einer Gegenüberstellung von Kidney Bohnen und Rindfleisch wird deutlich, wie hoch der Ressourcenverbrauch durch Fleischkonsum sein kann. Ein kg Rind benötigt achtzehn-mal so viel Land, zehnmal so viel Wasser, neunmal mehr Treibstoff und zwölf-mal weniger Dünger (Vgl.: Jöbstl, 2018, S.25). Eine pflanzliche Ernährung schont somit nicht nur Ressourcen, sie würde in der Theorie auch eine Umverteilung von Lebensmitteln ermöglichen, da mehr vorhanden wären.
Genug gelacht
Angesichts dieser Erkenntnisse wäre es vielleicht angebracht, die Tofu-Witze in Zukunft eher stecken zu lassen. Außerdem ist es eh schon fast wieder out, sich über vegane Ernährung lustig zu machen – lästert lieber über Korruptionsskandale in der Politik. Und falls ihr für die Aufreger-Runde einen Snack braucht: Veggie-Burger sind eine große Empfehlung von Team Mindplay.